GRENZEN SETZEN? JA!
Wer Grenzen setzt, kommt schnell an seine eigenen Grenzen.
Für viele Eltern stellt sich die Frage, ob das Setzen von Grenzen überhaupt sinnvoll ist.
Ich sage ganz klar: JA! Grenzen sind sinnvoll, allerdings nicht nur für die Kinder, sondern auch für uns Erwachsene. Grenzen setzen ist dann sinnvoll, wenn wir uns als Eltern über unsere Grenzen bewusst sind.
Jesper Juul, dänischer Familientherapeut, schreibt: „Es ist ein populäres Missverständnis in der Erziehung, dass Kinder Grenzen brauchen. Es sind vielmehr die Eltern, die zeigen müssen, wo ihre eigenen Grenzen sind.“
Keine Grenzen aus dem Reflex, sondern sich die Mühe machen, auf die Suche zu gehen, was uns eigentlich wirklich wichtig ist und wofür es sich lohnt, mit unserem Kind in den Konflikt zu gehen. Mache ich mir meine Grenzen nicht bewusst, dann setze ich den ganzen Tag Grenzen. Nein, du bekommst kein Eis. Ich habe dir doch gesagt, du sollst still sein. Mit Essen spielt man nicht. Und vieles Weitere mehr. Sie können die Liste sicher fortsetzen.
Besonders sollten wir darauf achten, wenn wir uns im öffentlichen Bereich mit den Kindern aufhalten, welche Grenzen wir dann setzen und für wen überhaupt? Die meisten Grenzen orientieren sich daran, was andere über unser Kind denken könnten. Die Leute, die im Supermarkt in der Warteschlange den Blick auf uns gerichtet haben und mit dem Kopf schütteln? Wichtig ist es, sich beim Grenzen setzen zu fragen, welche Grenze ist mir eigentlich wichtig. Grenzen brauchen einen guten Grund. Ansonsten handeln Sie willkürlich. Nur so können unsere Kinder durch eine Grenze auch etwas lernen, wie z.B.:
- Regeln und Grenzen stellen die Basis für das gemeinsame Zusammenleben dar, umso eher Kinder das lernen, umso besser können Sie das auch als Erwachsene.
- Grenzen schützen vor Gefahren (Gefahrenbewusstsein muss sich entwickeln). Ein Kind kann viele Gefahren noch nicht einschätzen und ist kognitiv noch nicht so weit. Hier sind wir in der Verantwortung, die Kinder zu schützen.
- Grenzen geben Kindern Stabilität und Sicherheit.
- Nicht jedes Bedürfnis kann sofort gestillt werden.
- Bedürfnisse der anderen Menschen sind auch wichtig.
Ich möchte Sie an einer Geschichten teilhaben lassen, die ich selbst bei Kindern immer wieder in der Kita erlebt habe, die mir in der Praxis begegnet sind, also durch Probleme mit den Eltern kommen, oder wenn ich zur Beratung in Kitas unterwegs bin.
Tom, 3,5 Jahre alt, ein sehr aufgeweckter, fröhlicher Junge. Ein wirklich toller Junge. Er sitzt im Kinderzimmer und spielt mit den Bausteinen. Neben ihm sitzt Felix, sein Freund, den er heute zu sich eingeladen hat. Felix entdeckt im Spielschrank die Autos und nimmt sich diese. Tom möchte die Autos allerdings nur für sich haben und nimmt sich ein Auto, Felix möchte diese aber nicht abgeben. Tom haut, weint lautstark, wirft sich auf den Boden. Er kann sich kaum beruhigen. Die Mutter von Tom kommt direkt und schimpft mit Tom. Was er sich wohl dabei gedacht hat? Sie fragt: Warum hast du Felix gehauen? Daraufhin weint Tom noch stärker.
Selbstreflexion & Kommunikation
Wichtig ist es hier die Grenze zu bestimmen. Wo würde in dieser Situation Ihre Schmerzgrenze liegen? Wenn die Grenze das Schlagen von Tom ist, sollte hier eine klare Grenze gezogen werden. Wenn wir Grenzen setzen, dann sollten wir auf eine grenzsetzende Kommunikation achten. Denn Fragen setzen keine Grenzen. Fragen können Kinder häufig nicht beantworten, da Kinder rein emotional handeln. In einer Wutsituation Fragen zu stellen oder mit dem Kind zu besprechen ist abzuraten, da Kinder das in einer solchen Situation kognitiv überhaupt nicht aufnehmen können. Auch mit unklaren Botschaften können Kinder nicht umgehen. Wenn ein Kind zuschlägt, braucht es Klarheit. Ein deutliches NEIN – verstärkt durch Mimik, Gestik und den Klang der Stimme, also: „Nein, Tom. Hör bitte jetzt auf“. Durch die Klarheit in der Sprache und Festigkeit im Gefühl kann gegenseitiger Respekt entstehen.
Grenzen setzen auf der Beziehungsebene
Viele Eltern denken Sie tun ihrem Kind weh, wenn Sie eine Grenze setzen. Beispiel: Das Kind möchte ein Eis. Sie sagen, es bekommt kein Eis, da es heute schon genug Süßigkeiten bekommen hat. Jetzt kommt in mir ein schlechtes Gefühl hoch und eine innere Stimme, die mir sagt: „Das Kind denkt, ich bin böse, wenn es kein Eis kriegt“ und was machen Sie? Das Kind bekommt doch sein Eis.
Bitte befreien Sie sich davon, sich bei Ihrem Kind beliebt machen zu wollen. Ihr Kind liebt Sie immer, wenn es zu Ihnen Vertrauen hat. Wenn Grenzen stehen, dann stärkt das Ihre innere Haltung, die auch Ihrem Kind Halt, Orientierung und Sicherheit gibt.
Wenn Sie als Elternteil die Verantwortung übernehmen und nicht das Kind die Verantwortung für die Beziehung zwischen Ihnen, können Sie klare Rahmenbedingungen schaffen, mit klarer grenzsetzender Kommunikation. Kinder benötigen immer Halt und Orientierung. Wenn ein Kind schreit, weint, haut, kratzt und beißt, braucht es einen Erwachsenen, in welchem es eine klare Haltung erkennt und der für ihn seine inneren Gefühle von außen sortiert.
Seien Sie sich Ihrer eigenen Grenzen bewusst, indem Sie sich fragen, was Ihnen wichtig ist und wo Ihre persönliche Schmerzgrenze liegt. Setzen Sie Grenzen nicht willkürlich oder weil andere dies von Ihnen erwarten.
Bewusst Grenzen setzen kann man lernen. Es hilft Ihnen als Elternteil und auch Ihrem Kind! Setzen Sie Grenzen und setzen diese Grenze durch.