Wenn die Eltern krank sind – das unsichtbare Leid der Kinder!

Wenn die Eltern krank sind – das unsichtbare Leid der Kinder!

Kinder psychisch kranker Eltern

Kinder psychisch kranker Eltern stehen vor Herausforderungen, die ihr Leben prägen und ihre Entwicklung beeinflussen können. Doch wie sieht ihr Alltag aus? Welche Auswirkungen haben die psychischen Erkrankungen der Eltern? Und vor allem: Welche Unterstützung können sie erhalten?

1.    Das Leben mit psychisch kranken Eltern

Kinder psychisch kranker Eltern haben besondere Herausforderungen zu bewältigen, die andere Kinder oft nicht erleben. Das verdeutlicht die Geschichte der sechsjährigen Mia und ihrer Mutter Anna.

Zwischen Kindheit, Vernachlässigung und Auseinandersetzungen

Mia ist ein fröhliches, verspieltes Kind. Doch die Depression ihrer Mutter Anna belastet sie stark. Seit einem Jahr findet Mia ihre Mutter morgens oft mit leerem Blick im Bett liegend vor. Energie- und antriebslos.

Es ist nicht so, dass Anna nicht für Mia da sein möchte – sie wünscht es sich sogar sehr. Doch die Last ihrer Krankheit beeinflusst ihre Fähigkeit, sich um ihre Tochter zu kümmern. Für Mia bedeutet das Unsicherheit und Angst. Sie weiß nie, ob ihre Mutter heute für sie ansprechbar ist. Viel zu oft ist sie auf sich allein gestellt.

Zusätzlich erschweren weitere Faktoren ihr Leben:

  • Alleinerziehende Elternteile,
  • Konflikte zwischen den Eltern,
  • fehlende familiäre Harmonie,
  • mangelnde soziale Unterstützung,
  • beengte Wohnverhältnisse.

Wie beeinflussen diese Faktoren das Risiko der Kinder, selbst psychisch zu erkranken?

2.    Risikofaktoren für Kinder psychisch kranker Eltern

Die Risiken für Kinder psychisch kranker Eltern sind vielfältig und können langfristige Folgen haben. Besonders genetische Veranlagung, elterliches Verhalten und psychische Belastungen spielen eine entscheidende Rolle.

Genetische Veranlagung und elterliches Verhalten

„Kinder psychisch kranker Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Erkrankungen zu entwickeln. Geschätzt leben ca. 25% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit einem psychisch kranken Elternteil zusammen und sind daher gefährdet“ (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Doch nicht nur genetische Faktoren sind entscheidend. Die Lebensumstände, in denen diese Kinder aufwachsen, beeinflussen ihre Entwicklung ebenso stark. Mia fühlt sich oft vernachlässigt und unsichtbar. Besonders Eltern mit Depressionen oder Schizophrenie können Schwierigkeiten haben, emotional auf ihre Kinder einzugehen. So auch Anna – sie kann Mias Bedürfnisse kaum erfüllen, weil sie mit sich selbst kämpft.

Die Folgen psychischer Belastung

Mit zunehmendem Alter beginnt Mia, sich Fragen zu stellen: Trägt sie Mitschuld an der Krankheit ihrer Mutter? Hat sie nicht genug geholfen? Gleichzeitig entwickelt sie Ängste vor ihrer eigenen Zukunft.

Studien des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigen, dass psychische Auffälligkeiten bei Kindern psychisch kranker Eltern drei- bis siebenmal häufiger auftreten als in der Allgemeinbevölkerung (vgl. Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, 2021). Die häufigsten Erkrankungen sind (vgl. Geigler, hessisches Ärzteblatt):

  • Angststörungen (10%),
  • Störungen des Sozialverhaltens (7,6%),
  • Depressionen (5,4%).

Die hohe Prävalenz von psychischen Störungen bei Kindern von Eltern mit psychischen Erkrankungen ist beunruhigend. Doch wie sieht es bei jüngeren Kindern aus? Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigt, dass bereits Kinder bis zum sechsten Lebensjahr von psychischen Störungen betroffen sind (vgl. BZgA). Schätzungsweise 10–15 % der Kinder unter sechs Jahren leiden an behandlungsbedürftigen psychischen Auffälligkeiten. Besonders häufig treten Angststörungen, emotionale Probleme und Verhaltensauffälligkeiten auf. Diese Zahlen verdeutlichen, wie wichtig es ist, bereits in jungen Jahren Hilfsangebote bereitzustellen (vgl. Robert Koch-Institut, 2018).

Doch es gibt Hoffnung. Denn Kinder wie Mia sind nicht ihrem Schicksal ausgeliefert – sie brauchen gezielte Unterstützung.

Kinder psychisch kranker Eltern

3.    Unterstützungsmöglichkeiten

Kinder wie Mia, die in einem Haushalt mit einem psychisch labilen Elternteil aufwachsen, brauchen gezielte Unterstützung, um Ängste zu bewältigen und langfristig psychisch gesund zu bleiben. Eine der wichtigsten Säulen dabei sind therapeutische Maßnahmen, die individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Durch eine geeignete Therapie kann Mia lernen, mit ihren Sorgen umzugehen und emotionale Stabilität zu entwickeln. Ergänzend dazu kann eine Familientherapie helfen, die Kommunikation zwischen Mia und ihrer Mutter zu verbessern und ihre Beziehung zu stärken.

Doch nicht nur therapeutische Ansätze spielen eine entscheidende Rolle – auch frühzeitige Interventionen sind von großer Bedeutung.

Frühzeitige Interventionen durch Schulen und Jugendämter

Schulen und Jugendämter können frühzeitig eingreifen, um negative Langzeitfolgen zu verhindern. Schulen sind oft der erste Ort, an dem psychische Belastungen von Kindern sichtbar werden. Lehrkräfte und Schulpsycholog:innen können Stresssymptome frühzeitig erkennen und gezielte Unterstützung anbieten. Programme wie „Familienklassen“, bei denen Kinder und Eltern gemeinsam Strategien zur Bewältigung ihres Alltags erlernen, sind dabei besonders hilfreich.

Neben den schulischen Angeboten sind jedoch auch soziale Netzwerke essenziell, um Kindern wie Mia Sicherheit und emotionale Stabilität zu bieten.

Die Rolle der Kindergärten und Fachkräfte

Für viele Kinder ist der Kindergarten die erste außerfamiliäre Anlaufstelle. Hier können Fachkräfte frühzeitig Anzeichen von Belastung erkennen und gemeinsam mit Eltern oder Beratungsstellen Maßnahmen einleiten.

Wichtige Ansätze:

  • Sensibilisierte Erzieher*innen, die emotionale Unterstützung bieten,
  • spezielle Resilienz-Programme,
  • enge Zusammenarbeit mit Psychologen und Sozialpädagogen,
  • gezielte Elterngespräche zur Unterstützung der Familie.

Ein stabiler Kita-Alltag gibt betroffenen Kindern Sicherheit und hilft ihnen, ihre Herausforderungen besser zu bewältigen.

Soziale Netzwerke und gemeindebasierte Unterstützung

Gemeinschaften, lokale Organisationen und freiwillige Helfer:innen tragen maßgeblich dazu bei, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen. Manchmal übernehmen engagierte Menschen Patenschaften für Kinder, um ihnen emotionale Begleitung außerhalb der Familie zu bieten. Selbsthilfegruppen für betroffene Eltern und Kinder ermöglichen zudem den Austausch mit anderen in ähnlichen Situationen – ein wichtiger Schritt, um sich verstanden und weniger allein zu fühlen.

Doch um eine nachhaltige Betreuung sicherzustellen, braucht es auch professionelle psychosoziale Dienste.

Psychosoziale Dienste und Beratung

Krankenhäuser, Jugendämter sowie psychologische und psychiatrische Fachkräfte sind zentrale Anlaufstellen, um betroffene Kinder zu unterstützen. Regelmäßige psychologische Untersuchungen und Beratungsgespräche helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und die nötige Hilfe bereitzustellen. Ein Beispiel für eine bewährte Initiative ist das Netzwerk für Kinder psychisch kranker Eltern, das bundesweite Unterstützung bietet und zeigt, wie eine ganzheitliche Betreuung gestaltet werden kann.

All diese Maßnahmen sind wertvolle Bausteine – doch Unterstützung sollte nicht nur punktuell erfolgen, sondern langfristig begleitet werden.

Lebenslange Begleitung

Um Kindern wie Mia auch über akute Krisen hinaus Perspektiven zu geben, sind langfristige Begleitungsangebote notwendig. In verschiedenen Projekten werden erwachsene Mentor:innen geschult, die Jugendlichen nicht nur emotionale Stabilität vermitteln, sondern ihnen auch helfen, über ihre aktuelle Situation hinauszudenken und eine positive Zukunft zu gestalten.

Durch ein starkes Netzwerk aus Therapie, schulischer Förderung, sozialer Unterstützung und professioneller Begleitung kann es gelingen, Kindern wie Mia die Sicherheit und Stabilität zu bieten, die sie für ein gesundes und selbstbestimmtes Leben benötigen.

4. Fazit

Kinder wie Mia sind oft einem unsichtbaren Risiko ausgesetzt – doch sie müssen nicht allein damit umgehen. Frühzeitige Hilfe, ein starkes soziales Umfeld und ein sensibles Bildungssystem können den Unterschied machen. Es ist unsere gesellschaftliche Verantwortung, ihnen eine stabile und unterstützende Umgebung zu bieten.

 

Quellenverzeichnis:

  • Robert Koch-Institut (RKI) (2018): Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) – Welle 2. Verfügbar unter: https://www.rki.de/kiggs
  • Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) (2021): Psychische Auffälligkeiten bei Kindern psychisch erkrankter Eltern. Hessisches Ärzteblatt, Ausgabe 10/2021.
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