Hauen, Beißen und Kratzen.

Hauen, Beißen und Kratzen.

schreiendes Kind

Das sind Verhaltensweisen, die körperlich und physisch Schmerzen verursachen können. Wieso tritt dieses Phänomen bei Kleinkindern eigentlich auf und wie können wir damit langfristig umgehen?

Wenn wir das Thema an einem Beispiel fest machen würden, könnte es wie folgt aussehen. Jonas (3) Jahre und Sophia (2) Jahre alt, spielen zusammen im Wohnzimmer auf dem Kinderteppich. Mama und Papa sind ganz in der Nähe und bekommen mit, wie Jonas, der ältere von den beiden, Sophia ihr Spielzeug aus der Hand nehmen will. Sophia, möchte das aber nicht. Damit Jonas das Spielzeug von Sophia aber bekommt, kratzt Jonas seine jüngere Schwester an der Hand und beißt mit den Zähnen in ihr Handgelenk. Sophia, tat das sehr weh und fing an zu weinen und lief daraufhin zu ihrer Mutter, die gerade am Wohnzimmertisch einige Notizen in ihrem Kalender verfasst hatte.

In den folgenden Punkten werden wir auf mögliche Hintergründe eingehen, die das Verhalten von Jonas gegenüber Sophia auslösen können und erklären zum Schluss noch mögliche Handlungsmöglichkeiten.

Kommen wir zuerst zu dem Hintergrund.

Vorab ist wichtig zu beachten: Beißen, Kratzen, Treten, Schlagen, Haare ziehen, Schubsen, Kaputtmachen, sind in der Regel auch ganz normale Verhaltensweisen, die zur Entwicklung von Kindern dazu gehören.

Aber ab wann sollten wir das Verhalten hinterfragen und reagieren?

Ganz klar ist, dass mehrere Gründe der Auslöser sein können und jedes Kind individuell betrachtet werden muss. Denn jedes Kind hat eine andere Ausgangsituation und wächst unter anderen Bedingungen auf. Oft können frühe körperliche oder geistige Störungen dahinterstecken und müssen vom Kinderarzt abgeklärt werden.

Mögliche Hintergründe, die Aggressionen bedingen können werden an folgende Beispiele festgemacht. Eine Ver­än­de­rung im fa­mi­liä­ren Be­reich wie die Ge­burt ei­nes Ge­schwis­ter­chens, die Tren­nung der El­tern, der Tod der Großeltern, der Kindergartenbesuch, Wohn­ort­wech­sel, Gewalt im Familienalltag verbal oder auf nonverbaler Ebene, de Umwelt, also auch die Interaktion mit anderen Menschen und Kindern, der Ausdruck von Emotionen sowie Aufmerksamkeit, wenn die verbale (Sprache) Ebene noch nicht möglich ist.

Verhaltensweisen sind Teiler der Entwicklungsphase

Ein nennenswerter Theoretiker ist Erik Homburger Erikson mit seinem Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung. Wenn wir uns die einzelnen Stufen ansehen und das auf das menschliche Dasein übertragen, machen Kinder ihre Erfahrungen im alltäglichen Leben und wollen sich selbst und die Umwelt erfahren. Mit dem Stufenmodell wollte Erik Homburger Erikson die einzelnen Phasen des Erwachsenwerden darstellen und den Blick auf diese Erkenntnisse erweitern. Weitere Erläuterungen sind unter dem Link zu finden: https://www.ehrenfelder-zipfelmuetzen.de/unser-konzept/entwicklungsmodell-erikson

Denn ganz klar ist, das Handeln oft durch die Emotionen bedingt werden.

Die­se sind viel­fäl­tig und oft schwer er­gründ­bar. Schla­gen, Beißen und Tre­ten sind eine Form von Ag­gres­si­vi­tät, die ein Kind vor al­lem dann zeigt, wenn es mit der Si­tua­ti­on über­for­dert ist, un­si­cher oder auf sich aufmerksam machen will.

In solcher Situation sollten wir uns als Erzieher/-innen und Eltern folgende Fragen stellen:

  • Was ist dem Verhalten vorausgegangen?
  • Wer hat sich in der Nähe des aggressiven Kindes aufgehalten? Wer ist mitbetroffen?
  • Wo kommt es zu dem Verhalten?
  • Wann tritt das Verhalten auf? Wann nicht?
  • Wie lange hält das Verhalten an? 
  • Verlangt es nach Nähe?
  • Will es Bewegung oder braucht es Ruhe?
  • Sucht es Bestätigung?

Wobei können uns diese Fragen helfen und womit sollten wir uns als Nächstes befassen? Der Grund ist, dass wir lernen müssen, Kinder und ihre Sicht auf die Dinge besser zu verstehen und einen angemessenen Umgang mit aggressiven Verhalten pflegen.

Diese 7 Schritte sind nützliche Alltagsbegleiter, die den Abbau von Aggressionen bei Kleinkindern fördern können.

  1. Ruhig bleiben und nicht in Panik verfallen
  2. respektvoll Kontakt aufzunehmen
  3. den richtigen Ton treffen
  4. in kurzen Sätzen zu sprechen und Gefühle auszusprechen, „wie du bist wütend“
  5. elterliche/erzieherische Botschaften anwenden wie „Du möchtest gerne …, aber ich will nicht, dass du andere haust!“
  6. Wenn die Wut wieder aufflackert, sollte man den ersten Schritt wiederholen und wenn das Kind ruhiger wird, Kompromisse anbieten
  7. nach einem Win-Win-Kompromiss zu suchen, die Lösung des Problems oder Wahlmöglichkeiten anzubieten

Kommen wir erneut zu unserem Fallbeispiel zurück, denn wichtig ist, dass Jonas aus unserem Beispiel, mit seinem Verhalten einen Umgang lernt.

Kinder brauchen von uns Hilfestellung und gleichzeitig müssen sie auch Konflikte begreifen lernen. Das bedeutet für uns, sinnvoll Grenzen zu setzen und Gruppenregeln zu benennen. In einer Akut-Situation, wie beim Beißen von Jonas bei Sophia, gelte es in erster Linie, das Verhalten zu unterbinden, mit „Stopp-Sätzen“ oder eindeutigen Gesten und eventuell räumliche Distanz zu schaffen. Natürlich schauen wir dabei auf das leidtragende Kind, aber auch dem Leid verursachenden, und die Gefühle beider Kinder: „Du bist wütend, weil…, du bist traurig weil…“

Wir suchen nun den Weg zu einer Erziehung die friedfertig verläuft

Ein fried­li­ches Zu­sam­men­le­ben ohne Ag­gres­sio­nen ist mög­lich, wenn sich die Kin­der in der Fa­mi­lie si­cher und ge­bor­gen füh­len, die Kin­der ge­nug Lie­be und Zu­wen­dung er­hal­ten, die El­tern un­ter­ein­an­der ge­gen­über ei­nen fai­ren und aggressionslosen Um­gang pfle­gen, die Kin­der hin­sicht­lich ih­rer Be­ga­bun­gen, Ta­len­te und In­ter­es­sen ge­för­dert und ge­for­dert werden, das Strei­ten, Rau­fen, Ge­ran­gel und To­ben nicht grund­sätz­lich ver­bo­ten sind, aber das Ge­bot be­steht, stets fair und respektvoll miteinander zu sein.

Hierbei sollten diese 6 Erziehungsregeln helfen, um Streit unter Kindern schlichten und um ein friedliches Beisammensein schaffen zu können.

Wenn wir möchten, dass Jonas aus unserem Fallspiel lernt gegenüber seiner jüngeren Schwester Sophia ohne Schlagen, Beißen, Treten oder Hauen zu reagieren, wäre es ratsam diese Regeln ins tägliche Familienleben zu integrieren.

  1. Erziehungsregel: Bei der Konfliktlösung im Notfall helfen und in der Nähe von der Situation bleiben
  2. Erziehungsregel:  Eine neutrale Haltung einnehmen. Keine Partei für das eine oder andere Kind ergreifen. Am besten ist es sogar unvoreingenommen zu bleiben. Sätze wie „Du bist doch der Ältere, da musst du doch vernünftiger sein“ oder „Dich kenn ich schon – Du bist doch jedes Mal dabei, wenn gestritten wird“
  3. Erziehungsregel: Geduldig und sachlich bleiben. Jedes Kind darf seinen Standpunkt so ausführlich darlegen, wie es das für nötig hält.
  4. Erziehungsregel:  Aufmerksam zuhören. Wo liegen die Differenzen? Was hat den Streitpartner und -partnerin verletzt? Nur durch aufmerksames Zuhören werden die Positionen deutlich.
  5. Erziehungsregel: Beachtung der Streitregeln. Damit das Vermittlungsgespräch gelingen kann, müssen sich alle an die folgenden Streitregeln halten. Regeln können für alle aber nur aufgestellt werden, wenn diese kognitiv bereits verarbeitet werden können. Dennoch lassen sich auch durch die Körpersprache Regeln ausdrücken.

Bei der Umsetzung dieser Regeln bedarf es einen gewissen Prozess, der sich über mehrere Monate strecken kann. Hierbei heißt es, Geduld und die innere Ruhe zu bewahren. Jede Situation sollte weiterhin individuell betrachtet werden und falls durch diese Erziehungsregeln keine ersichtlichen Veränderungen bemerkbar sind, gebe es weitere Hilfen, die neben dem Familienleben einen begleiten können. Manchmal bedarf es auch einfach an Hilfe, die von außen kommt. Sei es durch andere Familienmitglieder, Therapeuten, Ärzte oder Psychologen.

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