Resilienz für Erzieherinnen & Kinder

Resilienz für Erzieherinnen & Kinder

Resiliente Kinder

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Kinder sind unsere Zukunft. Um sie zu stärken und damit zukünftig uns alle zu stärken, ist es wichtig, ihre Resilienz zu fördern. Dazu können Sie als Erzieherin einen großen Beitrag leisten.

Eigentlich wollen Sie heute gar nicht arbeiten. Das macht sich schon dadurch bemerkbar, dass der morgendliche Kaffee nicht in Ihrem Mund, sondern auf ihrer neuen weißen Hose gelandet ist. Doch das ist nicht das, was Sie wirklich beschäftigt. Vielmehr ist es das heutige Datum. Freitag, der 13. April. Für die meisten ein Unglückstag, für Sie noch einiges mehr. Es ist der Todestag Ihres Vaters, zu dem Sie ein so inniges Verhältnis hatten. Sie müssen an das Lied von Westernhagen denken. „Tränen, Tränen im Kaffee, Tränen, Tränen, ach herrje.“ Aber es muss ja weitergehen.

Schon eine Stunde nachdem Sie abgehetzt im Kindergarten angekommen sind, kommt ein Kind aufgelöst auf Sie zugestürmt. Ihnen ist auch zum Heulen zumute, aber kurz bevor Sie laut werden, stoppen Sie sich. Sie schauen in die großen braunen Kulleraugen und erinnern sich an damals, als sie immer zu Ihrem Vater gegangen sind, wenn Sie etwas belastet hat. Sie wollen nicht, dass das Kind Ihren Stress zu spüren bekommt. Und genau darum geht es.

Definition

Das Wort „Resilienz“ steht für Widerstandsfähigkeit. Unter dem Begriff wird die Eigenschaft, mit schwierigen Gegebenheiten umgehen zu können, verstanden. In der heutigen Zeit wachsen viele Kinder unter schwierigen Bedingungen auf. Sie müssen sich mit unterschiedlichen Belastungen auseinandersetzen. Diese Belastungen wirken sich darauf aus, wie sich die Kinder entwickeln, und stellen somit ein Risiko dar.

Einige Kinder können den Belastungen kaum standhalten, während andere eine sehr gute Entwicklung nehmen.

Kinder, welche trotz der Risikofaktoren eine gute Entwicklung nehmen, bezeichnet man als „resilient“.

Um von „Resilienz“ sprechen zu können, sind zwei Aspekte Voraussetzung:

1. Es ist eine belastende Situation vorhanden.

2. Die belastende Situation wird gelöst.

Merkmale

Die zentralen Merkmale von Resilienz sind:

  • Resilienz ist variabel
  • Resilienz ist kontextabhängig und situationsspezifisch
  • Das Kind gestaltet seine Lebenslage aktiv
  • Resilienz ist ein energiegeladener Entwicklungs- und Anpassungsprozess

(vgl. Wustmann, 2004)

Ursachen für Resilienz

Unsere Resilienz, das heißt unsere innere Widerstandkraft gegen Stress, kann durch mehrere Faktoren gestärkt werden. Dies sind die sogenannten Resilienzfaktoren, welche auch als protektive Faktoren oder Säulen der Resilienz beschrieben werden.

Resilienz und Resilienzfaktoren

Manche Menschen führen auch unter schlechten Lebensumständen ein glückliches und erfolgreiches Leben und gehen unbeschadet aus Krisen hervor. Andere Menschen können dies nicht. Was ist hier der Unterschied? Es ist eine Fähigkeit vorhanden, welche Ihnen von innen Stärke verleiht. Das ist die Resilienz. Resiliente Menschen bewältigen Frust und Druck besser und sind in der Lage, flexibler mit Stress umzugehen.

Bei Kindern gibt es drei Resilienzfaktoren:

  • Eine feste Bezugsperson, zu der sie eine enge emotionale Bindung haben
  • Temperament und Intelligenz
  • Soziale Unterstützung

Resilienz gibt es aber nicht lediglich bei Kindern. Sie ist auch im Erwachsenenalter vorhanden und kann eine Stärkung erfahren. Unter Resilienz kann zudem ein „seelisches Immunsystem“ verstanden werden, welches Sie für die Herausforderungen im Alltag und Beruf stärkt. Resiliente Menschen können selbst in Stresssituationen auf ihre Kompetenzen zugreifen und nach Krisen stehen sie rasch wieder auf.

„Glück besteht in der Kunst, sich nicht zu ärgern, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern sich zu freuen, dass der Dornenstrauch Rosen trägt.“ (Arabisches Sprichwort)

Selbstwirksamkeitserfahrungen

Für die Wirkung von Selbstwirksamkeitserfahrungen gibt es drei maßgebliche Mechanismen:

1. Selbst aufbauendes Vorgehen und Aufmerksamkeitssteuerung

Menschen, welche eine hohe positive Erwartungshaltung haben, sehen Situationen als bedrohlich an, wenn die angenommenen Anforderungen nicht zu den eigenen Kompetenzen passen. Tendenziell schreiben sie sich aber eine hohe Bewältigungskompetenz zu, so dass sie selten in Situationen geraten, in denen sie völlig hilflos sind. Das führt zu hoher Resilienz und damit zu weniger Stress.

2. Bewältigungsverhalten

Wenn Menschen nicht die Kompetenzen für die Anforderungen einer Gegebenheit haben, greifen sie auf Problem-Lösungs-orientierte und aktive Strategien zurück, um diese zu bewältigen. Dieser Schutzfaktor führt zu einem besseren Coping. Dies beschreibt den Umgang bzw. die Bewältigung von Problemen.

3. Effektive Gedankenkontrolle

Mit einer positiven Selbstwirksamkeitserwartung können Sie selbst limitierende und restriktive Gedanken kontrollieren und der eigenen Selbstregulationsfähigkeit vertrauen. Somit lassen sich resiliente Menschen in heiklen Situationen nicht so sehr von ihren Gedanken beunruhigen und sind somit resilienter gegen Stress.

Die drei genannten Mechanismen zeigen, dass Menschen, die von der eigenen Selbstwirksamkeit überzeugt sind, ihre Bewältigungsanstrengungen positiv bewerten. Die guten Erfahrungen bekräftigen den Schutzfaktor, was positive Auswirkungen auf zukünftige Krisensituationen hat.

Was hat Stress mit Resilienz zu tun?

Viele Menschen ergeben sich bei Stress der Situation. Wir nehmen Stress oft als passiv oder aufgezwungen wahr, das macht sich auch dadurch bemerkbar, wie wir uns über Stress äußern.

Stress passiert uns aber nicht unweigerlich, sondern wir können dagegen vorgehen. Sie können mithilfe von Resilienz den Umgang mit Stress verbessern, was für mehr Gesundheit und Lebensfreude sorgt.

Umgang mit Stress ist von Bewertungen abhängig

Wie entsteht Stress?

Mit Stress will uns unser Körper nicht das Leben schwermachen. Im Gegenteil ist Stress ein Lebensretter, da er ein Kurzzeit-Notfall-System ist. Ursprünglich diente Stress dazu, unsere gesamten Kraftreserven für eine Flucht oder einen Kampf zu sammeln.

Der Körper reagiert demnach mit Stress, wenn wir eine Situation als Bedrohung wahrnehmen. Diese Reaktion half uns zu Beginn des menschlichen Daseins beim Überleben. Heute empfinden wir andere Dinge als Bedrohung, zum Beispiel Zeitdruck. Resilienz ist ein flexibler Umgang mit Stress und schützt uns daher gegen Langzeitschäden infolge von großer Belastung.

Stress erhöht sich durch empfundene Bedrohung

Stress wird nicht durch die objektiven Anhaltspunkte einer Gegebenheit verursacht, sondern dadurch, wie die eigenen Ressourcen bewertet werden. Das bedeutet, dass wir Stress empfinden, wenn wir der Meinung sind, dass unsere Ressourcen nicht zu der Herausforderung passen. Dies ist eine Bedrohung für uns, da wir Angst vor den Konsequenzen aus der Überforderung haben, was zu Stress führt. Doch wenn wir gut mit Stress umgehen, hilft uns das dabei, Stress im Alltag zu verringern.

„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Sicht der Dinge.“ (Epiket)

Stress erkennen

Um den Stress zu verringern, müssen wir zuerst einmal wissen, woran wir Stress in welchen Situationen bemerken. Dieser ist im Körper spürbar.

Eine starke Resilienz hilft am wirkungsvollsten gegen die Stresssymptome.

Umgang mit Stress trainieren

Die Einstellung zum Stress hat eine hohe Wirkung darauf, wie wir mit stressigen Situationen umgehen. Das Mindset lässt sich nicht über Nacht verändern, aber ein besserer Umgang mit Stress lässt sich trainieren.

Schutzfaktoren für die Psyche

Für die Psyche gibt es sechs Schutzfaktoren. Bei Kindern wirken diese entwicklungsfördernd und, wenn diese gut ausgeprägt sind, können sie negative Entwicklungseinflüsse abwehren.

1. Selbstwahrnehmung – Hier weiß das Kind gut über sich selbst Bescheid und ihm sind seine Stärken und Schwächen bekannt. Auf diese Weise ist es ihm möglich, sich selbst zu reflektieren und Selbstbewusstsein aufzubauen.

2. Selbststeuerung – Das Kind ist in der Lage, seine Gefühle zu regulieren und findet somit aus emotionalen Krisen heraus. Dieser Entwicklungsschritt ist sehr wichtig und passiert in den ersten sieben Lebensjahren.

3. Selbstwirksamkeit – Das Kind kann seine Fähigkeiten einsetzen. Es versucht, selbstständig aus schwierigen Situationen herauszukommen und handelt dabei lösungsorientiert. Auf diese Weise gestaltet es seine Umgebung mit und fällt nicht in eine Opferrolle.

4. Soziale Kompetenz – Das Kind hat eine feste Familienstruktur und einen festen Freundeskreis. Es ist zwar nicht immer alles gut, aber das soziale Netz ist verlässlich.

5. Problemlösefähigkeit – Das Kind läuft nicht vor Problemen und Aufgaben davon, sondern möchte sie bewältigen. Sobald diese gelöst sind, ist ihm bewusst, dass es etwas Großes geleistet und etwas Neues gelernt hat.

6. Adaptive Bewältigungskompetenz – Dem Kind gelingt es, vorübergehend mit Stress umzugehen und es hat Möglichkeiten, sich hiernach wieder zu entspannen.

Wenn Sie als Erzieherin diese Resilienzfaktoren berücksichtigen, hat das Kind eine gute Basis für seinen weiteren Lebensverlauf. Es gewinnt mehr Selbstbewusstsein und kann sich in schwierigen Situationen auf seine Fähigkeiten berufen. Es sucht sich Wege aus dieser Situation und blickt positiv in die Zukunft. Zur Förderung der Resilienz bei Kindern bedarf es eine bildungsorientierte, liebevolle Umgebung.

Resilienz für den Erzieherinnenberuf

Die sieben Schlüssel der Resilienz sind:

  • Akzeptanz
  • Lösungsorientierung
  • Netzwerkorientierung
  • Optimismus
  • Selbstverantwortung
  • Selbstwirksamkeit
  • Zukunftsorientierung

Förderung von Resilienz bei Kindern

Mit Erfolgserlebnissen wird die innere Widerstandsfähigkeit bei Kindern gestärkt.

Mit folgenden Mustern kann die Resilienz von Kindern gefördert werden:

  • Es ist eine stabile Beziehung zu wenigstens einer Bezugsperson wichtig.
  • Zum vergrößerten Umfeld zählen Pädagogen, Freunde der Familie sowie weitere Erwachsene, welche positive Rollenmodelle für das Kind präsentieren.
  • Ein demokratischer Erziehungsstil, welcher dem Kind zeigt, dass es akzeptiert und wertgeschätzt wird, sowie Interesse an ihm als Individuum besteht, fördert die Entwicklung jedes Kindes.

Die folgenden Verhaltensweisen und Übungen helfen bei der Förderung der Resilienz von Kindern:

1. Emotionen reflektieren und benennen

Kleinkinder entwickeln langsam Wörter, um ihr Befinden und sich selbst auszudrücken. Ein wichtiger Aspekt für die Resilienzförderung in den ersten Lebensjahren ist, das Kind bei der Wortfindung zu unterstützen. Kinder benötigen das Wissen, ihre Emotionen zu reflektieren und sie zu benennen, um zu lernen, Verständnis für sich selbst zu entwickeln. Dies ist wichtig, um später emotionale Schieflagen zu erkennen und diese zu reflektieren.

2. Kinder dürfen Gefühle haben

Sie als Erzieherin sollten dem Kind etwas zutrauen. Lassen Sie dem Kind seine Gefühle äußern.

Bieten Sie dem Kind Möglichkeiten an, so dass es Ventile für seine Gefühle entdeckt. Auf diese Weise lernt es den Umgang mit negativen Gefühlen und frisst diese nicht in sich hinein.

Beachten Sie, dass bei Kindern, welche ihre Gefühle nicht herauslassen oder ihre Bedürfnisse nicht kommunizieren können, es zu Bindungsproblemen oder Aggressionen kommen kann.

3. Das kann ich allein

Bieten Sie Kindern die Chance, über sich hinauszuwachsen. Es ist egal, ob es sich die Schnürsenkel das erste Mal selbst zubindet oder eine hohe Kletterwand überwindet. Das Kind wächst jedes Mal innerlich, wenn es merkt, dass es etwas ohne Hilfe schaffen kann.

Das heißt, dass es manchmal auch zu einer Niederlage kommt. Anstatt dem Kind schnell die Lösung zu präsentieren, helfen Sie ihm, sich selbst zu helfen. Zeigen Sie ihm, wie etwas gemacht wird und lassen Sie das Kind ausprobieren – nach einer Zeit klappt es dann. Wie John Maxwell sagte „Sometimes you win, sometimes you learn“.

4. Erlebtes zum Schlafengehen reflektieren

Die Resilienz wird bei Kindern dadurch gefördert, dass Sie auf Augenhöhe mit ihnen sprechen und reflektieren.

Der Tag kann abends beim zu Bett gehen besprochen werden oder auch in einem Zwischenschritt vor dem Mittagsschlaf. Was ist am Morgen Schönes passiert? Was ist nicht so gut gelaufen? Warum gab es Streit mit einem Freund? Mit dieser Reflexion kann das Kind sein Verhalten betrachten und herausfinden, wo die Reaktion vielleicht nicht angemessen war.

Dieses offene Gespräch mit einer Bezugsperson kann auch dabei unterstützen, auf Stresssituationen aufmerksam zu werden und diese später zu bewältigen.

Bei der Reflektion des Streits mit ihrer besten Freundin erkennt das Kind, was heute Morgen aufgelöst auf Sie zugestürmt ist, dass alles nicht so schlimm war. Zum Abschluss fragt es Sie, ob bei Ihnen alles okay ist. Sie erwidern, dass zwar nicht immer alles gut ist, aber dass Ihnen das Lächeln der Kinder Halt gibt. Sie denken noch einmal an Ihren Vater. Er hat Ihnen auch immer Halt gegeben. So schließen Sie Frieden mit dem Tag.

Literaturangabe:

  • http://www.resilienz-freiburg.de/index.php/was-ist-resilienz/definition-und-merkmale
  • https://www.resilienz-akademie.com/resilienzfaktoren-die-faktoren-individueller-resilienz/
  • https://www.resilienz-akademie.com/schutzfaktor-selbstwirksamkeitserwartung/
  • https://www.resilienz-akademie.com/umgang-mit-stress-mit-resilienz-stress-bewaeltigen/
  • https://www.kita.de/wissen/resilienz-kinder/
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